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Interkulturelle Kommunikation China-Deutschland: Überzeugungskraft im Vergleich

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Deutschland und China sind seit Jahrzehnten einander wichtige Wirtschaftspartner und auch darüber hinaus wurden zahlreiche Brücken zwischen den beiden Ländern aufgebaut. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu Missverständnissen und Konflikten, die politische, häufig aber ebenso kulturell-kommunikative Gründe haben. Diese Reihe liefert Erkenntnisse für mehr Verständnis und Erfolg in interkulturellen Kooperationen zwischen den Ländern und Kulturen.

Will man die deutsche und die chinesische Kultur vergleichen, bietet sich zuerst ein Blick auf die Sprache an. Hier finden sich beispielsweise im Deutschen weitaus mehr grammatikalische Komplexitäten als im Chinesischen, was wiederum durch seine Tonalität schwer zu erlernen ist. Auch einzelne Begriffe scheinen viel über die beiden Kulturen auszusagen. Im Deutschen hat etwa der Begriff „Prinzip“ eine starke Wirkkraft, die im Chinesischen nicht so ausgeprägt erscheint.

Aus Prinzip… mein Prinzip… prinzipiell…

Deutsche Muttersprachler argumentieren gerne mit Prinzipien als Motivation oder Begründung – und eine weitere Diskussion ist dadurch häufig ausgeschlossen. Wie oft hört man, dass jemand etwas „aus Prinzip“ nicht tun möchte oder ein bestimmtes Prinzip hat, das diese oder jene Handlung leitet oder ausschließt. Auch im Chinesischen gibt es Begriffe wie yuanze 原则 („Prinzip“), sie finden in Diskussionen oder Streitigkeiten aber deutlich seltener Verwendung. Üblicher ist es in China, mit der Praktikabilität zu argumentieren – dass sich ein bestimmtes Vorgehen eben anbietet, weil es realistisch oder pragmatisch (xianshi 现实) erscheint.

Chinesische und deutsche Überzeugungskraft im Vergleich

Die interkulturelle Wissenschaftlerin Erin Meyer hat bestehende Kulturmodelle als Basis genommen, um heutige Kultur- und Kommunikationsunterschiede analysieren und begreifen zu können. Dabei unterscheidet sie auch zwischen zwei Richtungen, die sich bei der Überzeugungsarbeit beobachten lassen. Diese haben für den deutsch-chinesischen Kulturvergleich interessante Implikationen, die aber noch erweitert werden müssen.

Überzeugen mit Konzepten in Deutschland

In Ländern wie Deutschland ist es laut Meyer gängig, zuerst ein Konzept vorzulegen, bevor Fakten, Statements oder Meinungen präsentiert werden. Demnach werden eingangs theoretische Grundlagen oder Zusammenhänge erklärt, bevor dann eine bestimmte Schlussfolgerung gezogen wird. Die eben genannten Prinzipien gelten als besonders wichtig, um verschiedene Situationen konzeptuell einordnen zu können. Dies hängt fraglos mit der deutschen Vorliebe für Ordnung und Struktur zusammen, die sich auch im schrittweisen Vorgehen in Diskussionen oder Planungen widerspiegelt. Ausländische Geschäftsleute bestätigen diese deutsche Besonderheit regelmäßig.

Überzeugen mit Praxis in Ländern wie den USA

Besonders in englischsprachigen Ländern ist es gemäß Meyers Auslegung demgegenüber verbreitet, dass Individuen anfangs eine Tatsache, ein Statement oder eine persönliche Einschätzung vorlegen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wird ein Konzept oder eine Erklärung nachgeliefert, um zu einer Schlussfolgerung zu kommen. Häufig werden entsprechend schon am Anfang einer Äußerung oder Präsentation die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Diskutiert wird in diesen Kulturkreisen so auch sehr praxisbezogen, allzu theoretische oder gar philosophische Diskussionen werden speziell im geschäftlichen Umgang eher vermieden.

Und China? Ein Sonderfall…

Wie verhält es sich nun in der chinesischen Kultur? Die lässt sich mit Meyers Modell nur bedingt abbilden. Wie schon erwähnt, ist es im chinesischen Kulturraum üblich, mit der Realisierbarkeit zu argumentieren. Gerade im heutigen China scheint Pragmatismus größer denn je geschrieben zu werden. Bei der Überzeugungsarbeit vielleicht noch wichtiger ist aber die Beziehungsebene. Zum einen kann die Wichtigkeit von Beziehungen in China dazu führen, dass niemand die wahren Gründe für ein bestimmtes Verhalten mitteilt, damit keiner der Beteiligten das Gesicht verliert.

Zum anderen ergeben sich aus politischen oder hierarchischen Beziehungsgeflechten in China bestimmte Voraussetzungen für die Überzeugungsarbeit. In Ländern mit flachen Hierarchien erhält jede/r Gesprächs- oder Verhandlungsteilnehmer/in – zumindest idealerweise – die Chance, mit den eigenen Punkten zu überzeugen. In hierarchiestarken Ländern wie China hingegen gilt es zuerst, die komplexen Beziehungsgefüge zu verstehen, um überhaupt in die Nähe von Entscheidern zu kommen. In der chinesischen Verhandlungskunst selbst, die durchaus philosophisch-kunstvoll ausfallen kann, gilt es dann auch immer, Status und Hierarchie im Blick zu behalten.

Welche Erfahrungen haben Sie bei Verhandlungen zwischen China und Deutschland gemacht? Wir freuen uns über einen Kommentar von Ihnen.

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Artikelbild: https://unsplash.com/photos/vmm9t_Y9JhI

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